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Die befestigte späteisenzeitliche Flachlandsiedlung von Kerpen-Manheim. Das Rheinland am Übergang von der Präh- zur Historie

Die befestigte späteisenzeitliche Flachland-Siedlung von Kerpen-Manheim im Manheimer Erbwald (BM 153) konnte bisher nur in kleinen Teilen ergraben werden. Da durch den voranschreitenden Braunkohle-Tagebau bis 2022 der totale Verlust dieser Anlage bevorsteht, ist eine vollständige Erforschung dringlichst geboten. Gemäß den ersten Grabungsergebnissen (HA 2017/0014) können wir von einer dichten Überbauung durch verschiedenartige Pfostenbauten (inkl. Wandgräbchen), einem umfassenden Graben mit begleitendem Erdwall, einer Palisade und eventuell mehreren Toranlagen ausgehen. Die Anlage ist vor allem in die späte Eisenzeit (LT D1/2) zu datieren; eine Kontinuität bis in die frühe römische Kaiserzeit ist denkbar. Damit haben wir ein weiteres späteisenzeitliches Siedlungszentrum vor uns, wie es typbildend aus Niederzier-Hambach (HA 382) bekannt ist. Unser Kenntnisstand zu diesen Siedlungszentren und insgesamt der späteisen- bzw. frühkaiserzeitlichen Besiedlung der Kölner Bucht ist noch nicht sehr weit gediehen, weshalb eine vollständige Ausgrabung von Kerpen-Manheim bzw. eine siedlungskundliche Erfassung der zugehörigen Umgebung ein großes Desiderat der Forschung darstellt. Ausgehend von diesen Arbeiten könnten zahlreiche Fragestellungen angegangen werden: Inwiefern lassen sich anhand der Innenbebauung Hierarchien innerhalb der Siedlung fassen. Wer waren die Bewohner/Innen? Eburonen? Andere Stammesverbände? Gibt es Anzeichen für eine caesarische Eroberung? Gibt es Zeugnisse für den Übergang von der späten Eisenzeit zur frühen römischen Kaiserzeit?

Dank einer Finanzierung durch die „Stiftung Archäologie im Rheinischen Braunkohlerevier“ kann ab 2020 die umfassende Ausgrabung bzw. Erforschung des Erdwerks von Kerpen-Manheim angegangen werden. Die geplanten Arbeiten sind mehrstufig und sollen neben der Ausgrabung an sich von einer umfassenden Prospektion der Umgebung sowie einer Erfassung der Fundstelle selbst mit geophysikalischen Methoden begleitet werden. Darüber hinaus werden etwaige Luftaufnahmen der Region bzw. LIDAR-Scan-Daten einer weiteren umfassenden Prüfung unterzogen, so dass ein möglichst genaues Bild der Fundstelle sowie des gesamten Siedlungsraums entsteht.

Die Grabung selbst soll innerhalb von drei Jahren jeweils für 4 Wochen stattfinden (insgesamt 12 Wochen). Von den insgesamt ca. 2,3 ha Siedlungsfläche sind noch gegen 2 ha auszugraben. An Befunden sind neben dem umlaufenden Graben (ca. 650 m Länge gesamt mit durchschnittlich 1 m Tiefe auf 2 m Breite) Pfostengruben, Wandgräbchen und weitere Gruben diversen Ursprungs zu erwarten; aufwendigere Brunnenanlagen wären ebenfalls denkbar. Eine stratigraphische Differenzierung der Schichten konnte bis anhin nicht erkannt werden; die maximale Befundtiefe sollte 2 m nicht überschreiten.

Zur Durchführung der Grabung sollen eine Grabungstechnikerin, ein wissenschaftlicher Projektleiter und je 10 Studierende zur Verfügung stehen. Die Grabungstechnikerin wird über das Archäologische Institut finanziert; die Kosten für die Arbeit des wissenschaftlichen Projektleiters sowie die Grundkosten der Studierenden (Fahrt- und Verpflegungskosten) sind Bestandteil des Projektantrags.

In jedem Grabungsjahr sollen neben dem Bericht an die „Stiftung Archäologie im Rheinischen Braunkohlerevier“ kurze Publikationen über den Fortschritt des Projekts berichten (z.B. in „Kölner und Bonner Archäologica“ sowie in „Archäologie im Rheinland“). Nach Abschluss der Grabungen werden alle Ergebnisse von Prospektion und Grabung in das Bodendenkmälerarchiv des LVR-Amt für Bodendenkmalpflege (BODEON) eingegeben und die fertig inventarisierten Funde dem Depot des LVR-Landesmuseum Bonn in Meckenheim übergeben. Die Gesamt-Auswertung ist möglichst rasch anzustreben und soll in einem Publikationsorgan der Rheinischen Bodendenkmalpflege vorgelegt werden. Falls unter den beteiligten Studierenden Interesse besteht, können Teile der Gesamt-Auswertung auch als Abschlussarbeiten vergeben werden.

 

Verantwortlich:

Koordination:

Kooperationspartner:

  • LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland / Außenstelle Titz (Dr. Udo Geilenbrügge / Dr. Martin Grünewald)

Förderung:

  • Stiftung Archäologie im Rheinischen Braunkohlerevier (2020, geplant bis 2022)

Publikationen:

  • Grünewald i.Vorb.: M. Grünewald, Die befestigte Flachland-Großsiedlung von Kerpen-Manheim (Rhein-Erft-Kreis). In: Steve Bödecker, Eva Cott, Marion Brüggler, Eckhard-Deschler-Erb, Martin Grünewald, Sabine Hornung, Jennifer Morscheiser, Petra Tutlies (Hrsg.) Spätlatènezeitliche und frühkaiserzeitliche Archäologie zwischen Maas und Rhein. Beiträge zur Transformation von Landschaft und Gesellschaft. Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland 28 (Bonn i.Vorb.)

  • Grünewald / Haarich 2018: M. Grünewald / H. Haarich, Die befestigte latènezeitliche Flachland-Großsiedlung von Kerpen-Manheim. Archäologie im Rheinland 2017, 2018, 75-77.