Nachdem in der vorangegangenen Kampagne mit Sondage 24 auf der Südseite der großen Thermenanlage die Ecke einer Platzanlage sowie der Beginn einer nach Osten abzweigenden Säulenstraße erfasst worden war, wurde zur weiteren Klärung des hier angenommenen Platzes eine größere Fläche (ca. 16 x 15 m) geöffnet. Hierbei zeigte sich, dass der südliche Teil der Platzfläche zu einem späteren Zeitpunkt mit einem großen Gebäude besetzt wurde. Dieses füllte den gesamten Bereich der ursprünglich nur von einer umlaufenden Portikus umfassten Freifläche aus und schloss im Norden bündig mit der Straßenflucht ab. Hier verfügte es über eine breite, dreistufige Freitreppe. Die Funktion des Gebäudes konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden; möglicherweise handelte es sich um eine Art monumentaler Vorhof für ein dahinter anschließendes Gebäude. Auf letzteres könnten mehrfach gefundene, monumentale dorische Kapitelle verweisen. Die Sondage erfasste auch die gegenüberliegende Nordseite der Platzfläche, welche mit einer weiteren Portikus und einer vorgelagerten Freitreppe begrenzt war. Hier fanden sich auch Reste eines weiteren Statuenpostaments, so dass innerhalb des Grabungsausschnitts nun Hinweise auf wenigstens drei solcher Monumente vorliegen. Eine weitere Statuenbasis mit dem inschriftlichen Hinweis auf die Existenz einer Tetrarchengruppe war bereits 2019 nur wenige Meter nördlich gefunden worden. Insgesamt entsteht somit der Eindruck, dass in diesem Bereich südlich der großen Thermenanlage zunächst eine kleine, ungefähr quadratische Platzanlage bestand, deren Freifläche in der Spätantike zugebaut wurde, aber weiterhin mit Statuenaufstellungen geschmückt wurde. In einer kleinen Tiefsondage unter dem Plattenpflaster der Platzanlage fanden sich einige ältere Straßenhorizonte und in einer Tiefe von ca. 2,10 m unter der Oberfläche, unmittelbar über dem ursprünglichen Sandboden, Reste einfacher Feuerstellen. Die zugehörige Keramik weist auf frühhellenistische Datierung hin, so dass hier möglicherweise ergänzend zu den früheren Befunden aus Sondage 15 erneut Indizien für die frühe Nutzung Elusas als Karawanenrastplatz bestehen könnten.
Östlich dieser Platzanlage schließt entsprechend dem Magnetogramm eine breite, beidseits von Portiken flankierte Säulenstraße an. Mit Sondage 2 war bereits 2015 die nördliche dieser Portiken erfasst worden. In der aktuellen Kampagne wurde beschlossen diese ältere Sondage noch einmal zu öffnen und nach Süden bis zur Mitte der Straße zu erweitern. Dabei konnte der Stylobat sowie ein Säulenpostament in situ sowie das vollständig erhaltene Straßenpflaster freigelegt werden. Vor dem Postament fand sich kopfüber (vermutlich in Versturzlage) eine ungewöhnliche Bauinschrift, die in metrischen Versen eine Erneuerung der Portikus (Stoa) durch den Archiatros Stephanos bezeugt. Dieser war Leibarzt des Kaisers. Als einer der Ausführenden des Bauvorhabens wird der durch die Briefe des Libanios bekannte Rechtsgelehrte und Rhetor Eudaimon genannt, der 357-360 n.Chr. in Elusa lebte und wirkte.
Mit Sondage 28 (9 x 6 m) wurde wiederum ein Gebäude unmittelbar südlich der oben beschriebenen Platzfläche angeschnitten. Da es im heutigen Gelände einen der größten Ruinenhügel ausbildet und besonders viel Marmorfragmente an der Oberfläche zu beobachten waren, bestand die Annahme, dass es sich um ein öffentliches, mit dem Platz in Verbindung stehendes Gebäude handeln könnte. Freigelegt wurde allerdings ein weiterer christlicher Sakralraum, in dessen ursprünglich mit Schranken eingefassten Zentrum eine Art Reliquienkasten gefunden wurde, der vielleicht als Unterbau eines Altars diente. Reste von Marmorplatten an der Außenseite des Kastenbaus sowie im Fußboden sowie zahlreiche Fragmente eines aufwendig gearbeiteten Marmorgitters zeugen von einem hohen Ausstattungsniveau. Unmittelbar neben dem mutmaßlichen Reliquienkasten wurde die linke Hälfte einer monumentalen Stiftungsinschrift des Prokopios gefunden. Das Gebäude war bis zum Ende der Stadt in Funktion und wurde in frühislamischer Zeit spoliiert. In einer lokalen Abtiefung unter dem Fußboden konnten bis zur frührömischen Siedlungsphase zurückreichende Befunde erfasst werden.
Sondage 29 galt der Untersuchung einer weiteren Ausfallstraße im Westen der Stadt. In dem 9 x 6 m großen Schnitt wurden die eigentliche Straße sowie die Außenmauern der jeweils südlich und nördlich anschließenden Gebäude mit jeweils mehreren Bauphasen erfasst. Da diese Bauten zugleich die äußerste westliche Stadtgrenze bilden, konnte mit der Sondage zugleich die Frage nach der Existenz einer Stadtmauer bzw. eines Stadttores überprüft werden. Zwar hatten die durchgeführten geophysikalischen Untersuchungen stets gegen deren Existenz gesprochen, doch stand bislang eine konkrete stratigraphische Untersuchung aus. Mit der nun durchgeführten Sondage kann nun deren Existenz definitiv ausgeschlossen werden. Interessanterweise wurde aber in spätbyzantinischer Zeit die Straße zwischen den Gebäuden mit einer schmalen Mauer fast vollständig verschlossen. Ein Durchgang war nur noch über eine schmale Tür im Norden möglich. Die Mauer hatte aber keinerlei fortifikatorische Charakteristika. Zu vermuten ist eher, dass die Straße in dieser spätesten Phase der Stadt bereits teilweise aufgegeben worden war und nun von den Anwohnern besetzt mit vorgelagerten Hofeinfassungen besetzt wurde - eine Fragmentierung und Umnutzung des öffentlichen Raums, der auch in Sondagen an anderen Stellen der Stadt beobachtet werden konnte. Wie bereits mehrfach praktiziert, wurden aufgrund des hohen Schichtenaufbaus des eigentlichen Straßenkörpers in dieser Kampagne nur die obersten, späten Straßenhorizonte untersucht, während die tieferliegenden Schichten der kommenden Kampagne vorbehalten bleiben.
Die Abteilung für Christliche Archäologie der Universität Bonn setzte die Untersuchung der Kirchenbauten der Stadt fort. Dabei wurden mit den Sondagen 31 und 32 die Atrien der bereits in vorangegangenen Kampagnen untersuchten Basiliken B und D untersucht. Dabei fanden sich u.a. im Atrium der Basilika B monumentale korinthische Kapitelle in Versturzlage. Sondage 30 galt wiederum dem westlichen Abschluss eines Kirchenanlage, deren Apsis bereits in der vorangegangenen Kampagne erfasst worden war. Aufgrund der Randlage im äußersten Westen der Stadt ist der Komplex möglicherweise als Kloster anzusprechen, doch sind weitere Untersuchungen für eine sichere Identifizierung notwendig.
Parallel zur Ausgrabung wurde die Bearbeitung des Fundmaterials, insbesondere der Keramik, vorangetrieben. In Kooperation mit E. Holmqvist (Universität Helsinki) wurde ein umfangreiches Beprobungsprogramm entwickelt, das Massenscreenings bestimmter Keramikgattungen mittels portabler Röntgenfluoreszenzanalyse, stationäre RFA ausgewählter Stücke sowie petrographische Analysen vorsieht. Im Zentrum steht hierbei die Frage nach der Identifizierung lokal produzierter Keramiken.
Verantwortliche: M. Heinzelmann (Köln), S. Schrenk (Bonn)
Teilnehmende: M. Heinzelmann, S. Schrenk (Leitung), Ch. A. Schöne, F. Jordan (Koordination, technische Leitung), A. Schröder (Grabungstechnik), T. Erickson-Gini, L. Heinze, E. Holmqvist, L. van der Schüür (Fundbearbeitung), D. Heinzelmann (Bauaufnahme), C. Avenarius, L. Vornweg, Th. Isenbart (Schnittleitung), M. Beermann, M. Berger, H. Boes, J, Chowanietz, F. Franke, D. Hermanski, R. Eckardt, H. Holtey, K. Kasotaki, S. Kinsey, J. Knechtel, D. Schnalke, J. Seespeck.
Kooperationen: Abteilung Christliche Archäologie der Universität Bonn, Israel Antiquities Authority, Israel Nature and Parks Authority, Universitäten Helsinki, Leipzig, Tel Aviv und Haifa, IPNA Basel
Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft
Projektseite: Forschungsprojekt zur Untersuchung der Wüstenstadt Elusa