In der kleinstädtischen Siedlung Bregenz-Brigantium befindet sich eine der Platzanlagen, die im Projekt archäozoologisch und mikromorphologisch untersucht werden können. Ziel dabei ist es, herauszufinden, wie sich das tagtägliche Leben auf öffentlichen Plätzen abgespielt hat. Damit aussagekräftiges Material entnommen werden kann, braucht es zunächst ein ungestörtes Bodenprofil, das nicht von modernen Bodeneingriffen verändert wurde. Aufgrund früherer Ausgrabungen und anderer Faktoren kam für die Beprobung der Sedimente nur ein kleiner Ausschnitt in Frage. Dieser befindet sich in der Vorhalle des römischen Forums und damit in einer Durchgangszone, wo Leute die Einrichtung betraten und wieder verließen. Die zuletzt 2017 ausgegrabene Fläche wurde nach Abschluss der Arbeiten nicht wieder zugeschüttet und konnte deshalb 2022 für die Anlage eines neuen und ungestörten Profils genutzt werden.
Das Profil dokumentiert mit insgesamt 35 Schichten, die Geschichte der Fundstelle vom gewachsenen Boden bis zum Ende der römischen Besiedlung vor Ort. Ganz zuunterst und knapp über dem gewachsenen Boden kam eine unerwartete Konzentration von Tierknochen zum Vorschein. Wie sich bereits bei der Bergung der Knochen erkennen ließ, handelte es sich um eine dicht gepackte Schicht an Unterkiefern, Schulterblättern, Rippen und Fußknochen von Rindern. Auch wenn diese Schicht für das Forum und die damit verbundenen Fragestellungen zu alt ist, soll sie dennoch im Rahmen der archäozoologischen Auswertungen näher untersucht werden.
Mit dem Erreichen der anstehenden und damit archäologisch sterilen Schicht wurde die Sondage nach den Vorgaben des Bundesdenkmalamtes dokumentiert und eingemessen. Neben der Fotodokumentation erfolgten das Einzeichnen und eine Beschreibung der Schichten, um die zu entnehmenden Proben einordnen und interpretieren zu können.
Nach Abschluss der Dokumentation wurden die Proben für die mikromorphologischen Analysen an ausgewählten Stellen und mit Hilfe von Plastikboxen entnommen. Zuletzt wurden die Proben lagegenau vermessen und mitsamt der orientierten Schichtabfolge aus dem Profil herausgelöst. Diese werden an der Universität Basel (Integrative Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie, IPNA) in Kunstharz eingegossen, gehärtet und aufgesägt. Aus den erhaltenen Scheiben lassen sich an ausgewählten Stellen Dünnschliffe herstellen, deren Untersuchung zuletzt unter dem Mikroskop erfolgt. Dadurch können z.B. bei Schichtübergängen Laufniveaus erkannt werden und es ist möglich, zwischen aufgeschütteten Schichten und tatsächlich begangenen Böden zu unterscheiden. Dies dient zur Klärung mehrerer Fragen: Gab es beispielsweise Holzböden? Fielen Gegenstände zwischen die Dielen, wo sich Kleintiere tummelten? Lassen sich Spuren einer Auflassung der Vorhalle des Forums erkennen?
Neben den Proben für die Mikromorphologie wurden für die Analyse der Kleintierreste auch Lockersedimente aus allen 35 dokumentierten Schichten entnommen. Am IPNA werden die Proben mittels Halbflotation geschlämmt. Mit dieser Methode lassen sich die organischen Reste von den anorganischen trennen und die Kleintierreste unter dem Binokular analysieren. Mäuse und andere Schädlinge wären dann ein Nachweis für das Vorhandensein von Nahrungsmitteln und viele Fischschuppen und -wirbel könnten im näheren Umfeld der Forumsecke einen Fischverkauf belegen.
Kooperationspartner: vorarlberg museum
Team: Joe Heinrich, Christine Pümpin, Benjamin Sichert (IPNA, Uni Basel), Karl Oberhofer und Sebastian Knura (AdRP, Uni Köln)
Förderung: DFG-SNF Weave
Projektseite: Meet and greet Projektseite