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07.10.2017

Die Antikensammlung der Grafen von Manderscheid-Blankenheim

Die Burg Blankenheim, Residenz der Grafen von Manderscheid-Blankenheim, Ansicht von Süden. Annähernd 50 römische und einige nicht-antike Steindenkmäler waren ehemals im Burghof an der Innenseite der Burgmauer in acht Pilastern übereinander aufgestellt. Weitere Römersteine standen in einer durch vier Terrassen gegliederten Gartenanlage im Norden der Burg. Diese Antikensammlung war von Graf Hermann von Manderscheid-Blankenheim (1535–1604) zusammengetragen worden und verblieb dort bis Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts.
Grabstele des Albanius Vitalis aus der Stammesgemeinde der Treverer, Kavallerist der ala Indiana, aus der Schwadron des Barbus, verstorben mit 30 Jahren nach 10 Dienstjahren. Der Erbe hat laut Testament für die Errichtung des Grabmals gesorgt (Datierung: Ende 1. / Anfang 2. Jahrhundert n. Chr.). – Ursprünglich auf der linken Rheinseite aufgestellt, wurde der Grabstein wahrscheinlich zum Bau des konstantinischen Brückenkopfkastells Divitia in den Fundamenten eingelassen. Am Anfang des Truchsessischen (Kölner) Kriegs im Sommer 1583 nach der Zerstörung des Benediktinerklosters Deutz wiederentdeckt und anschließend in die Eifel zur Burg Blankenheim in die Sammlung des Grafen Hermann von Manderscheid-Blankenheim transportiert.

Das Sammeln von Antiken galt seit dem 16. Jahrhundert im zentraleuropäischen Raum als identitätsstiftend und als Ausdruck der virtus und sapientia der Aristokratie und der bürgerlichen Eliten insbesondere in den Kommunen Oberitaliens und in den Freien Reichsstädten; die antiquitates werden als Symbole weltlicher Macht als ständisches Distinktiv und als Ausdruck von Wissen über die Vergangenheit der Stadt bzw. Region ihrer Besitzer verstanden. Schließlich dienten die Antiken als Beleg für das hohe Alter und für die bis in die römische Kaiserzeit zurückreichende Abkunft sowohl der jeweiligen Adelsgeschlechter als auch der Städte. Die Antikensammlung der Grafen von Manderscheid-Blankenheim in den Residenzen Blankenheim und Jünkerath stellte am Ende des 16. sowie im 17. und 18. Jahrhundert die größte Sammlung von römischen antiquitates im heutigen Rheinland dar.

Die durch den humanistisch gebildeten Grafen Hermann von Manderscheid (1535 bis 1604) angelegte Sammlung bestand sowohl aus Kölner und Bonner Bodenfunden als auch aus Denkmälern des Jülicher Raums, der Eifel und vereinzelt darüber hinaus. Die Sammlung musste größtenteils zurückgelassen werden, als Gräfin Augusta Leopoldine von Manderscheid-Blankenheim (1744 bis 1811) und ihr Gemahl, der böhmische Graf Philipp Christian von Šternberg (1732 bis 1811), vor den Truppen der französischen Republik fliehen mussten und schließlich in Prag ansässig wurden. Die in der Eifel verbliebenen Steindenkmäler gelangten im Jahr 1803 mit dem Abtretungsschreiben ihres ältesten Sohnes Franz Josef Šternberg-Manderscheid teilweise in den Besitz des bekannten Kölner Sammlers und Gelehrten Franz Ferdinand Wallraf (1748 bis 1824); einen anderen Teil konnte der Kanonikus Franz Pick (1750 bis 1819) für seine Kunstsammlung in Bonn erwerben. Ziel des interdisziplinären Projektes ist, anhand heute noch erhaltener Antiken in rheinischen Museen aber auch verschollener, in Hand- und Druckschriften jedoch überlieferter Objekte eine möglichst vollständige Edition der herausragenden Blankenheimer Sammlung einschließlich einer Transkription und Übersetzung der auf sie bezüglichen neulateinischen Quellen zu erstellen. Es gilt, das Sammlungs- und Präsentationskonzept in der Burg Blankenheim herauszuarbeiten und im Kontext anderer Antikensammlungen der Zeit zu betrachten. Damit wird ein wichtiger Aspekt der – von der Provinzialrömischen Archäologie weitgehend vernachlässigten – regionalen Antike-Rezeption untersucht. Die Open Access-Datenbank des Projekts wird in die zentrale Objektdatenbank Arachne des Deutschen Archäologischen Instituts und des Archäologischen Instituts der Universität zu Köln integriert sowie dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland (Bonn) zur Verfügung stehen. Eine umfangreiche Publikation ist in Arbeit.

Verantwortlich: Norbert Hanel, Michael Heinzelmann, Jürgen Kunow, Peter Noelke

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

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