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Orientreisen des 19. Jahrhunderts und die frühe archäologische Photographie

Reisen in fremde Länder gehörten spätestens seit dem 17. Jahrhundert zum Bildungsprogramm europäischer Aristokraten und später auch eines wohlhabenderen Bürgertums. Schon bald bildeten nicht mehr nur die klassischen Länder Italien, Griechenland und Kleinasien das Ziel dieser „Grand Tour“, sondern zunehmend entwickelte sich ein vielschichtiges Interesse am östlichen Mittelmeerraum, so dass auch der Nahe Osten bereits im Verlauf des 18. Jahrhunderts vereinzelt bereist wurden. Mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der Reisenden, die in den Orient aufbrachen, stetig zu. Neben dem persönlichen Wunsch nach Zerstreuung und Illusion, der Gier nach unverfälschten Dokumenten und dem Verlangen nach authentischen Reiseerlebnissen war schließlich der Zweck der Reise nicht mehr nur zu besichtigen und zu erleben, sondern in wachsendem Maße auch örtliche Monumente für die „Daheimgebliebenen“ zu dokumentieren.

Gerade in dieser Überlieferung heute nicht mehr existierender topographischer Bezüge, einzelner Architekturen und umfassenderer Bauzusammenhänge, liegt einerseits – aus kunsthistorischer und mehr noch aus archäologischer Sicht – eine besondere Bedeutung der frühen Orientreisenden und der dokumentarische Wert ihrer im Umfang oft recht unterschiedlichen Reiseberichte begründet. Darüber hinaus spiegeln sie andererseits das wachsende Interesse Europas an diese Regionen, unterstützen die unterschiedliche Einflüsse des Orients auf die europäische Kunstgeschichte. Der Erwerb von Antiken und von den Orientreisenden durchgeführte begrenzte „Grabungen“ kennzeichnen den Beginn einer von westlich-christlichen Wertvorstellungen geprägten Sichtweise bestimmten archäologischen Erforschung des Nahen Ostens mit Auswirkungen auf die wissenschaftliche Methodik und inhaltlichen Bewertung der Befunde.

Im Rahmen dieses Projektes soll eine umfassende Digitalisierung bislang weitgehend unbekannter, früher Architektur- und Objektphotoaufnahmen in einer speziellen internetfähigen Bilddatenbank zusammengestellt werden, um ihre wissenschaftliche Bearbeitung zu erleichtern und sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Auswertung der photographischen Aufnahmen als Hilfsmittel in der kunstwissenschaftlich-archäologischen Erforschung Griechenlands und des östlichen Mittelmeerraumes soll dabei eine reflektierende Untersuchung zur Funktion, Bedeutung und Wandel der Photographie als Bildmedium im Wissenschaftsbetrieb ergänzend zur Seite gestellt werden. – Auf meine Initiative erfolgt bereits seit Juni 2000 innerhalb eines Gemeinschaftsprojektes des Archivs des Bankhauses Sal. Oppenheim Jr. & Cie. KGaA und des Forschungsarchivs für Antike Plastik / Archäologisches Institut der Universität zu Köln die digitale Sicherung des unpublizierten Photoarchivs von Max Freiherr von Oppenheim.

Leitung: Priv.-Doz. Dr. Werner Oenbrink

 

Publikationen

  • Römische Architektur im Hauran. Zustand und Erhaltung im Spiegel früher Zeichnungen und Photographien am Beispiel des Tyche-Heiligtums von as-Sanamein, in: T. Mattern [Hrsg.], Munus. Festschrift für Hans Wiegartz [2000] 189 ff.
  • Hermann Burchardt [1857-1909]. Reisender und Photograph des ausgehenden 19. Jahrhunderts. – Reisen in den Orient vom 13. bis zum 19. Jahrhundert. Kolloquium der Winckelmann-Gesellschaft Stendal und der Cast Gallery, Ashmolean Museum Oxford vom 29.9. – 1.10.2003. Schriften der Winckelmann-Gesellschaft Stendal Bd. XXVI (2007) 203-223. 283-285 Abb. 116-129.