zum Inhalt springen

Die früheisenzeitlichen Befunde/Funde aus Antissa/Lesbos sowie andere Zeugnisse und ihre Bedeutung für die Beurteilung der sog. Äolischen Wanderung

Von der DFG gefördertes Forschungsvorhaben, von Mai 2010 bis April 2011 und von Oktober 2011 bis März 2013 durchgeführt. Ziel dieses Projektes war zum einen die Dokumentation der von W. Lamb 1931/32 bei ihren Grabungen in Antissa gefundenen griechischen Keramik aus der Zeit zwischen 1050 bis 500 v. Chr., dann, unter Heranziehung der in der British School at Athens aufbewahrten Grabungsunterlagen, die Überprüfung von Lambs` Chronologie und Deutung der Baureste sowie die Rekonstruktion der Nekropole. Zum anderen sollten alle archäologischen Befunde/Funde und alle schriftlichen Quellen zusammengestellt und untersucht werden, die Angaben zur sog. Äolischen Wanderung liefern. Das Manuskript der Publikation der Befunde/Funde aus Antissa ist für The Annual of the British School at Athens bestimmt, das der Monographie zur ´Äolischen Wanderung` für eine deutschsprachige Reihe (die Rohfassungen beider Manuskripte sind noch ergänzungsbedürftig).

Was den ersten Punkt angeht, so stellte sich heraus, daß die von Lamb vertretenen Interpretationen z. T. sehr fragwürdig sind. Die Neubehandlung ihrer Befunde/Funde führte u. a. zu einer Datierung des ´Älteren Apsishauses`  in die Zeit um 700 bzw. ins 7. Jh., des ´Jüngeren Apsishauses` in die 1. Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. Und nicht nur die von Lamb gefundene ´Äolisch-Graue Ware`, sondern auch die Gattung als solche konnte besser erfaßt werden als bisher. Außerdem ließ sich der Charakter der griechischen Nekropole genauer bestimmen, wobei das älteste Grab an den Übergang von der Bronze- in die Eisenzeit gesetzt werden konnte.

Was den zweiten Punkt betrifft, so wurde herausgestellt, daß es zwischen 1150 und 900 v. Chr. in der Äolis zu einem Transformationsprozeß der Keramik kam, bei dem man die spätbronzezeitlich-grauminysche Ware in die sog. Äolisch-Graue Ware umgewandelt hat. Das wurde als mögliches Anzeichen für die Ankunft neuer Siedler gedeutet. Diese Vermutung konnte dadurch gestützt werden, daß damals in anderen Bereichen der materiellen Kultur noch viel einschneidendere Veränderungen vor sich gingen. Es ergab sich auch, daß Hinweise der Ilias eine um einiges vor Homer (700 v. Chr.) erfolgte Niederlassung von Griechen in der Äolis erschließen ließen; hingegen erwiesen sich die späteren antiken Texte zur Αἰολικὴ ἀποικία als unzuverlässig. Indizien der Ilias, der Äolische Dialekt archaischer Zeit, der ältere Vorformen in der Äolis und in Ostmittelgriechenland (bis Thessalien reichend) voraussetzt, sowie die Existenz bestimmter griechischer Toponyme der Äolis führten zu der Annahme, daß die Neusiedler aus Ostmittelgriechenland stammende ´Protoäoler` waren. Die Auswertung von archäologischen Befunden und Linear B-Texten aus Pylos ließ an einen länger dauernden Einsickerungsprozeß und kleine Gruppen als Träger dieser Bewegung denken.

 

Leitung: Prof. Dr. Dieter Hertel

Förderung: