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Forschung aktuell

Tel Shalem (Israel): Dritte Ausgrabungskampagne in einem kaiserzeitlichen Militärlager bei Bet Sche’an

Vom 29.2. bis 15.3. führte das Archäologische Institut der Universität zu Köln eine dritte Ausgrabungskampagne in dem kaiserzeitlichen Militärlager von Tel Shalem durch. Das Projekt erfolgt in Kooperation mit dem Israel Museum und der Hebrew University in Jerusalem sowie der Universität Basel-CH. Es wird seit 2019 von der Gerda Henkel Stiftung unterstützt. Aufgrund der internationalen Corona-Krise musste die Grabung bereits nach der Hälfte der ursprünglich eingeplanten Arbeitszeit abgebrochen werden. Eine Fortsetzung der Grabungen unter Mitarbeit der Kooperationspartner ist in Planung.

Grabungsplan Geopysik mit den Flächen 2020 (beschriftet)

Für die Kampagne 2020 wurden innerhalb des Militärlagers drei neue Grabungsflächen ausgewählt. Zwei davon befinden sich im Bereich der principia (Flächen A8 und A9) und eine im Bereich zwischen dem aus früheren Grabungen bereits bekannten Militärbad und der Principia (Fläche E1). Hier werden aufgrund der Ergebnisse der Geophysik Mauern angezeigt, die gemäß unseren allgemeinen Kenntnissen römischer Militärarchitektur zum praetorium (Haus des Kommandanten) gehören sollten. Wegen des vorzeitigen Abbruchs der Grabung konnte leider keine dieser neuen Flächen vollständig ausgegraben werden.

Die Fläche A8 schließt direkt südlich an das 2017 und 2019 vollständig ergrabene Fahnenheiligtum (sacellum) der principia an, das vor allem durch ein komplett erhaltenes Bodenmosaik bekannt geworden ist. Bereits im Pflughorizont fand sich eine wohl neuzeitliche Egge (?) aus Eisen; darunter konnten mehrere ineinandergreifende zylindrische Gruben aus der Mamlukenzeit (13.-16. Jh.) dokumentiert werden, deren Boden bis auf kaiserzeitliche Schichten hinabreicht. Diese sind am ehesten mit dem römischen Militärlager in Verbindung zu bringen. Zu nennen sind dabei die Reste einer Wasserleitung, von Lehmziegelmauern, die auf gemauerten Fundamenten aufsitzen sowie Teile einer steinernen Bank, die wohl einem Raum der principia (Büroraum?) zuweisbar ist.

Fläche A9 wurde ausgewählt, um den östlichen Abschluss der Principia bzw. den Übergang zur Hauptstraße des Militärlagers (via principalis) besser zu verstehen. Kaiserzeitliche Befunde wurde in dieser Fläche (noch) nicht erreicht; dafür war es aber möglich, die gemauerten Reste eines mamlukischen Gebäudes mitsamt Hofanlage sowie einem Backofen zu dokumentieren. Im östlichen Bereich könnten unter der mamlukischen Hofanlage eventuell bereits die Reste der postulierten römischen Straße zu Tage gekommen sein.

Auch in Fläche E1 konnten direkt unter dem modernen Pflughorizont mehrere Gruben und ein Backofen der Mamlukenzeit dokumentiert werden, die sich in bzw. direkt auf einer Schicht aus zerfallenen Lehmziegeln wohl römischer Zeitstellung befanden. Außerdem gelang es mehrere darunter liegende Mauern freizulegen, die vermutlich zum römischen Militärlager gehören. Eine davon zeigte noch mehrere Lehmziegellagen in situ und weit aufgehenden Verputz mit Spuren von Bemalung. In einer ersten Interpretation gehen wir von zwei Gebäuden (Militärbad und praetorium) aus; erst nach einer Fortsetzung der Grabung dürfte hierzu Klarheit gewonnen werden.

Mit der Saison 2020 konnte die Fundbearbeitung intensiviert und systematisch in Angriff genommen werden. Neben den üblichen Arbeiten zur Fundbearbeitung (Fundgut waschen und statistisch erfassen, Sonderfunde fotografieren usw.) war es möglich, einige der wohl lokal gefertigten Ziegel des Militärlagers mittels portabler Röntgenfluoreszenzanalyse (P-ED-RFA) geochemisch zu analysieren. Darüber hinaus konnten Erd-Proben ausgewählter Befunde geschlämmt und vorsortiert, sowie alle Großtierknochen der aktuellen Grabungskampagne bestimmt und in einer Datenbank erfasst werden. Als besonderer Fund ist das komplett erhaltene Hundeskelett aus einer mamlukischen Grube zu nennen.

Kooperationspartner*innen: Hebrew University Jerusalem (Benny Arubas), Israel Museum Jerusalem (Dudi Mevorah), Universität Basel-CH (Sabine Deschler-Erb)

Teilnehmer*innen: Clarissa Agricola (P-ED-RFA), Mark Brämer, Eli Brand, Stephanie Braun (Grabungstechnik), Merlin Faupel, Laurenz Hillmann, Sebastian Knura, Jana Kuhlmann, Lennart Niehues, Marisa Prick, Kristina Reed, Karina Schnakenberg, Kai Sternenberg, Svetlana Tarkhanova, sowie Studierende der Bar Ilan Universität und zahlreiche Volontäre

Verantwortlich für die Grabungen 2020/21: Eckhard Deschler-Erb

Finanzierung: Gerda Henkel Stiftung (2019-2021)