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Forschung aktuell

Juli 2015: Fünfte Grabungskampagne in Dimal (Albanien)

Vom 27.7. bis 21.8.2015 fand die inzwischen fünfte Forschungskampagne in der illyrischen Bergsiedlung Dimal statt. Abgesehen von geophysikalischen Prospektionen im Bereich der spätantik besiedelten Unterstadt, konzentrierten sich die diesjährigen Arbeiten auf drei Bereiche, die bereits in vorangegangenen Kampagnen ansatzweise untersucht werden konnten.

Im nordwestlichen Suburbium wurden die Ausgrabungen in der hellenistischen Nekropole fortgesetzt. Es fanden sich weitere Gräber unterschiedlichen Typs (Tumuli, Kistengräber, einfache Erdbestattungen), von denen einige mit zwei oder drei Bestattungen belegt waren. Mehrere Bestattungen fanden sich unversehrt, andere waren vermutlich bereits in der Antike auf Edelmetallobjekte durchwühlt worden, enthielten aber noch zahlreiche Beigaben. Mehrfach wurden als Beigaben Waffen (u.a. Lanzen, Schilde), Schabeisen, Trachtbestandteile (u.a. Nadeln, Fibeln, Ringe) und umfangreiche Ausstattungen mit keramischen Gefäßbeigaben (u.a. Amphoren, Kannen, Schalen, Teller) angetroffen.

Nach vorläufiger Analyse der Keramik stammen alle diesjährig freigelegten Bestattungen aus dem 3. Jh.v.Chr., also aus dem Zeitraum vor der römischen Annexion. Entsprechend der anthropologischen Ergebnisse weisen die männlichen Bestatteten eine erstaunliche Durchschnittsgröße von 1,80 m und stark trainierte Bein- und Armmuskeln auf. Ein Toter wies Verletzungen vermutlich von einem Pfeil auf.

Einen zweiten Schwerpunkt bildete die vollständige Freilegung des Norturms des nach Apollonia führenden Haupttors der jüngeren Stadtmauer (2. Jh.v.Chr.). Der Turm besteht aus einem Sockel großer Steinquader auf denen gebrannte Ziegel aufsetzen. Die Anlage wurde durch ein massives Feuer, vermutlich unter Gewaltanwendung zerstört. In den Ruinen setzte sich eine spätantike Nachbesiedlung fest.

In einem dritten Bereich konzentrierten sich die Arbeiten auf die Untersuchung des letztjährig angeschnittenen Baptisteriums. Hierbei konnte das Taufgebäude vollständig freigelegt werden. Es zeigte sich, dass das Taufbecken zunächst aus einer kreuzförmigen Anlage mit Treppenzugang für Ganzkörpertaufen bestand. In einer späteren Phase wurden die Treppen zugesetzt und das Becken für Kindstaufen umgerüstet. Auf der Ostseite des Baptisteriums wurde durch gezielte Sondagen das zugehörige Kirchengebäude in wesentlichen Teilen erfasst. Dieses bestand aus einem annähernd quadratischen dreischiffigen Kirchenraum, an dessen Ostseite ein abgeschrankter Chorraum mit Apsis und Altar (ausgeraubt) anschloss. Im Westen befand sich ein Narthex vor dessen Fassade das Baptisterium zu einem späteren Zeitpunkt angeschlossen wurde. Die vorläufige Analyse des Fundmaterials weist auf eine Entstehung der Anlage im 5./6. Jh.n.Chr. hin. Beidseits der Kirche schlossen weitere Gebäudestrukturen an. Der Kirchenkomplex ist ein bedeutender Neufund, der auf eine ausgedehntere spätantike Nachbesiedlung Dimals als bislang angenommen hinweist.

Im Anschluss an die Feldforschungskampagne erfolgte im Depot des Archäologischen Instituts in Tirana eine einwöchige Aufarbeitungsarbeitungskampagne der anthropologischen Funde sowie des keramischen Fundmaterials mittels xRFA-Analysen statt. 

Teilnehmer: M. Heinzelmann, B. Muka (Leitung), M. Broisch (Koordination), Ch. Römer-Strehl (Keramik), M. Rubini, P. Zaio (Anthropologie), Sh. Gjongecaj (Numismatik), D. Heinzelmann (Bauaufnahme), I. Zaloshnja (Zeichnungen), Ch. Schöne, A. Schröder (Schnittleitung), A. Ahmetllari, D. Janina, S. Knura, E. Kodheli, A. Schiffmann, M. Thurn, Katharina Zerzeropolus (Grabung)
Kooperationen: Archäologisches Institut Tirana, Servizio di Antropologia della Soprintendenza per i Beni Archeologici del Lazio

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