skip to content

Forschung aktuell

Tel Shalem (Israel). Erste Testgrabungen im römischen Kastell

Am Fuß des bronzezeitlichen Tel Shalem im nördlichen Jordan-Tal, circa 11 km südlich von Bet Shean wurde bereits früher aufgrund des Funds einer Vexillatio-Inschrift der Legio VI Ferrata die Existenz eines römischen Militärlagers vermutet. Zusätzliche Bedeutung gewann der Ort durch den sensationellen Fund einer hervorragend erhaltenen Bronzestatue Hadrians und mehrerer Fragmente eines riesigen Bogenmonuments, ebenfalls aus hadrianischer Zeit.

Das Archäologische Institut der Universität zu Köln führte daraufhin in den Jahren 2008 und 2013 großflächige geophysikalische Prospektionen durch, die tatsächlich die Existenz zweier übereinanderliegender Militärlager erwiesen.

In Kooperation mit dem Israel Museum, der Hebrew University und dem Macalester College konnte nun vom 12.2. bis 2.3.2017 eine erste zweiwöchige Testgrabung durchgeführt werden. Im Zentrum der Untersuchungen stand das Fahnenheiligtum der Principia. Es ist im Prospektionsbefund als ca. 18 m langer und 9 m breiter Raum erkennbar, der im Westen in einer großen, halbrunden Apsis schließt. Die hier durchgeführte 9 x 9 m große Sondage bestätigte den Grundriss und erbrachte außergewöhnliche Befunde. Zunächst zeigte sich, dass die gesamte Anlage vermutlich im 3. Jh. gezielt aufgelassen und intentionell einplaniert wurde. Trotz der hierdurch verursachten systematischen Zerstörungen kann die Struktur der Anlage weitgehend rekonstruiert werden.

Die Außenmauer und die Apsis des Fahnenheiligtums waren mit einem Meter Durchmesser auffallend massiv ausgelegt. Sie bestanden offenbar aus einem knapp ein Meter hohen Steinsockel auf dem ursprünglich Lehmziegel aufsaßen, welche in der Einplanierungsmasse des Raums nachweisbar waren. Im Zentrum der Apsis war eine zweite kleinere Rundnische eingetieft, die vermutlich zur Aufnahme des Feldzeichens bestimmt war (s.u.). Der Innenraum wies zwei Dekorationsphasen auf. Zunächst war das Fahnenheiligtum als einschiffiger Saalraum angelegt. Sein Fußboden bestand aus weißem Stuck, der mit exakt ausgeführten Fugenstrichen großformatige Steinplatten nachahmte.

In einer zweiten Nutzungsphase wurde der Raum durch zwei Reihen freistehender Säulen in drei Schiffe gegliedert. Weitere Säulen wurden korrespondierend entlang der Außenmauern aufgestellt, so dass eine dicht gedrängte, barock anmutende Säulenarchitektur ähnlich einer Tempelcella entstand. Mit diesem Umbau erfolgte auch die Erneuerung des Fußbodens, der im Zentrum in einem vollständig erhaltenen, polychrom ornamentierten Mosaik bestand, während in den Seitenschiffen einfache Estrichböden verwendet wurden. Unmittelbar vor der Apsis fand sich in einer großen tabula ansata eine Mosaiksinschrift mit einer Weihung an das „Capricornum“, das Feldzeichen der Ala VII Phrygum. Als Stifter tritt der ritterliche Alen-Präfekt Pomponius Sanctianus in Erscheinung. Zahlreiche Ziegelstempel aus der Planiermasse im Innern des Raumes bestätigen die bauliche Urheberschaft der Anlage durch die 7. phrygische Ala. Zudem dokumentieren sie einen weiteren Präfekten namens Perantius (sic) Antoninus. Beide Präfekten der Reitereinheit wie auch die Lokalisierung der 7. Ala, die ab dem späten 1./frühen 2. Jh. in Palästina stationiert gewesen sein dürfte, waren bislang unbekannt. Aufgrund der intentionellen Auflassung des Lagers konnte bislang wenig datierendes Fundmaterial geborgen werden. Die vorläufige Auswertung der Keramik aus den bauzeitlichen Schichten weist generell auf das 2. Jh.n.Chr., Architektur und Mosaikdekor der zweiten Ausstattungsphase eher auf das spätere 2. oder frühe 3. Jh. hin. Für eine genauere chronologische Einordnung sind jedoch weitere Ausgrabungen nötig.

Die hier untersuchte Principia gehört zum jüngeren der beiden übereinanderliegenden Kastelle. Vorläufig kann vermutet werden, dass das ältere Lager der inschriftlich nachgewiesenen vexillatio der Legio VI Ferrata zuzuweisen ist, während nun gesichert ist, dass das jüngere von der Ala VII Phrygum errichtet wurde. Die Gründe für die Zäsur zwischen den beiden Belegungsphasen sind bislang unklar, könnten jedoch mit dem Bar Kochba-Aufstand und seinen Folgen in Verbindung stehen.

Teilnehmer: M. Heinzelmann, B. Arubas, D. Mevorach, A. Overmann (Leitung), Ch. Schöne (Organisation), M. Angenendt, Sh. Moshfegh Nia, L. Niehues, F. Nietschke, A. Schröder, D. Wozniok, K. Zerzeropoulos sowie zahlreiche freiwillige Helfer aus der Umgebung.
Kooperation: Israel Antiquity Authority, Hebrew University, Israel Museum, Macalester College. Wir danken ferner dem Kibbutz Tirat Zvi für umfassende logistische Unterstützung.

Zur Projektseite