skip to content

Forschung aktuell

Oktober 2012: Ostia. Untersuchungen zur Chronologie spätantiker Wohnhäuser

Eine Gruppe von etwa 20 Wohnhäusern in Ostia stellt in der Dichte und Erhaltung des Befundes ein in seiner Bedeutung herausragendes Beispiel für die Wohnkultur der Spätantike dar. Feindatierungen, die erst eine präzise Einordnung der Häuser und ihrer Transformationen in einen kulturhistorischen Rahmen ermöglichen, liegen bislang aber kaum vor.

Die Häuser wurden unter diesem Gesichtspunkt bereits im Zeitraum von 2009 bis 2012 im Rahmen einer Dissertation von Marcel Danner zur „Wohnkultur im spätantiken Ostia“ eingehend untersucht. Mittels gezielter Grabungen sollte nun vom 1. bis zum 22. Oktober 2012 exemplarisch die Chronologie zweier Häuser überprüft werden. Mit der Domus accanto al Serapeo (Reg. III, XVII, 3) und der Domus delle Colonne (Reg. IV, III, 1) wurden je ein Haus in der Peripherie sowie ein Haus im Zentrum der spätantiken Stadt untersucht. Für die Sondagen wurden Räume gewählt, deren Fußböden im Rahmen der spätantiken Bauphasen angehoben wurden und deren Aufschüttungen datierendes Material erwarten ließen.

Die Sondagen in der Domus accanto al Serapeo wurden in Räumen angelegt, die im Rahmen des Umbaus eines hadrianischen Kultbaus zum Wohnhaus über einer ebenfalls hadrianischen Straße errichtet wurden. Besonders erfolgreich waren die Untersuchungen im Vestibül des Hauses, wo interessante Beobachtungen bzgl. der Transformationen es Vorgängerbaus in ein anspruchsvolles Wohnhaus möglich waren. Es konnten zwei Hauptphasen unterschieden werden: Ein Vestibül der ersten Umbauphase von bescheidenen Ausmaßen besetzte das östliche Ende eines Korridors und wurde mit einem geometrischen Fußbodenmosaik verziert. Der Zugang zum Haus erfolgte in dieser Phase über eine gemauerte Treppe von der Via del Serapide. Diese wurde in einer zweiten Umbauphase durch ein großzügigeres Vestibül mit Fußboden aus opus sectile überbaut. Die vorläufige Keramikauswertung weist auf eine Datierung des späteren Vestibüls ins 4. Jh. n. Chr. hin.

Die Sondagen in der Domus delle Colonne wurden in einem Korridor sowie in einem kleinen Saal angelegt mit besonders aufschlussreichen Ergebnissen zu den letzten Nutzungsphasen. Im Rahmen der Ausgrabungen konnte nachgewiesen werden, dass die Anhebung des Fußbodenniveaus auf die Installation einer Fußbodenheizung zurückzuführen ist, die mit dem letzten großen Umbau des Hauses in Verbindung zu stehen scheint. Die zur Abdeckung der Hypokausten verwendeten bipedales wurden während der Ausgrabungen in Versturzlage aufgefunden. Unter den zerstörten bipedales konnten große Mengen datierenden Materials gefunden werden, die sich im Rahmen des Versturzes dort abgelagert haben müssen. Darunter fanden sich insbesondere zahlreiche Glasscherben, Keramikfragmente, Münzen und weitere Metallobjekte. Die Auswertung des Materials ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Eine erste Untersuchung der Keramik gestattet jedoch bereits eine Datierung des Versturzes – und damit wohl auch der Aufgabe des Hauses – ins mittlere oder späte 5. Jh. n. Chr. Hierdurch liegt erstmals ein stratigraphischer Beleg für die bislang allein aufgrund epigraphischer Zeugnisse formulierte Hypothese vor, derzufolge die anspruchsvollen Bewohner der spätantiken Wohnhäuser von Ostia um die Mitte des 5. Jh.s n. Chr. abgewandert seien.

Leitung: Marcel Danner, Michael Heinzelmann

Teilnehmer: Paola Vivacqua (Keramikbearbeitung), Elisa Bazzechi, Jacqueline Lauper, Antonio Lopez Garcia, Birte Ruhardt, Margarita Sardak, Arne Schröder, Luca Vacca

Förderung: Gerda-Henkel-Stiftung